Pathopoeia

XV. De Aposiopesi.

Pathopœîa παθοποιία est figura apta ad affectus creandos, quod fit, quando Semitonia carmini inseruntur, quæ nec ad Modum carminis, nec ad Genus pertinet, sed unius beneficiô in aliud introducuntur: Tum quando semitonia carminis Modo congruentia sæpius extra morem attinguntur. Exemplum est in Surrexit Pastor bonus: ad textum: Mori dignatus est. Plura habentur exempla in Quàm benignus utrâque parte 5. vocum in Heu quantus dolor 5. voc. In Iesu nostra redemtio 5. vocum ad textum crudelem mortem. In Domine deduc me 6. vocum, sub textu Dolosè agebant. In Congratulamini 6. vocum 2. parte ad textum: Mulier quiâ ploras? In convertendo 8 vocum secunda parte sub textu Et flebant &c. & infinita alia apud endem. Eine Pathopoeia ist eine Figur, die geeignet ist Affekte zu erzeugen, was immer dann geschieht, wenn dem Stück Halbtöne eingefügt werden, die weder zum Modus des Stücks noch zum Genus gehören, aber zur Begünstigung des Affekts in ein anderes Genus eingeführt werden. Außerdem immer dann, wenn die Halbtöne eines Stückes öfter eine Übereinstimmung mit einem Modus außerhalb des Gewöhnichen erreichen. Ein Beispiel ist im Stück Surrexit Pastor bonus zu finden auf den Text „Mori dignatus est“. Einige andere Beispiele finden sich in Quam benignus im zweiten Teil zu fünf Stimmen und in Heu quantus dolor zu fünf Stimmen. Außerdem in In Jesu nostra redemptio zu fünf Stimmen auf den Text „crudelem mortem“. Sowie in In Domine deduc me zu sechs Stimmen auf den Text „dolose agebant“ und in Congratulamini zu sechs Stimmen im zweiten Teil auf den Text „Mulier quia ploras?“. Zudem im Stück In convertendo zu acht Stimmen im zweiten Teil auf den Text „Et flebant“ usw. und in unzähligen anderen Stücken von Lasso.

Die Pathopoeia bezeichnet bei Burmeister die (gehäufte) Verwendung von modusfremden Tönen. Den damit verbundene Affekt nennt Burmeister Pathopoeia. Auch die über die Maßen häufige Verwendung von moduseigenen Halbtonschritten kann als Pathopoeia wirken. Hier das Beispiel aus Lassos Motette \lt{Transierunt in me} auf den Text „dereliquit me virtus  mea“ (Meine Stärke/Tugend verlässt mich):